Dame auf dem Visitenstuhl mit Mohr, Tisch und Mops
Meissen Modell Johann J. Kaendler, 1737; Ausformung und Staffierung um 1740 / Höhe: 15,5 cm; Breite: 18 cm
Arbeitsbericht April 1737 (Pietsch 2002 S. 46 lfd. Nr. 7): „Ein neues Croppgen aufs Waaren Lager angefangen, wie eine Vornehme dame auf einem Visiten Stuhle sitzet und hat eine Coffe dasse in der rechten Hand die lincke aber küßt eine Wohl gebutzte Mannes Persohn, hinter dem Frauenzimmer stehet ein Mohr mit einem Credenz Teller welcher Serviret. Weiln solches aber sehr viel Mühe hat ist noch was in künfftigen Monath davon zu fertigen übrig blieben.“
Arbeitsbericht Juli, August 1737 (Pietsch 2002 S. 48 lfd. Nr. 9): „Das Croppgen welches vor einiger Zeit angefangen worden vollends gefertiget, Wie ein wohl gebutztes Frauen Zimmer auf einem Visiten Stuhle sietzet, deßen Lähne durchbrochen als von rohre geflochten. Zu dem Frauen Zimmer kombt eine wohl bekleidete Mannes Persohn sie zu küßen, hinter dem Frauen Zimmer stehet ein Mohr welcher sie mit Coffe bedienet und hat annoch ein Mops hündlein auf ihrer Schooß liegen.“
Provenienz: Elfriede Langeloh (2004) / 2024 war die Gruppe Teil der großen Kaendler-Ausstellung im Königsschloss Wawel (Krakau 2024 Nr. 2)
Unsere Gruppe stellt eine der Variationen der Handkussgruppe dar. Der Hand küssende Kavalier ist ersetzt durch ein rundes dreibeiniges Tischchen, darauf Schokoladenkanne, Tasse, Konfektdose, Tabatière und Rose. Die Dame mit großer Krinoline und Mops trägt ein schwarzes Halsband mit großem goldenen Kreuz und ist eine ungewöhnlich reich staffierte Ausformung dieser berühmten Krinolinengruppe.
Kaendler hat sich bei der ursprünglichen Handkussgruppe entfernt angelehnt an den Stich „Le Sicilien ou l’Amour peintre“ von Laurent Cars nach Bouchers. (Illustration in Les de Oeuvre des Moilliers. Paris 1734 Bd. 4 S. 133 (zit. nach Brattig, Patricia (Hrsg.): Meissen. Barockes Porzellan. Stuttgart 2010); Jean-Richard, Pierrette: L’Œuvre gravé de Francois Boucher dans la Collection Edmond de Rothschild. Paris 1978 Nr. 429)
Der Staffierer unserer Gruppe ist der gleiche wie der, der die Dame auf dem Visitenstuhl aus der Sammlung Thyssen bemalt hat (heute Bayerisches Nationamuseum, München, siehe Rückert In Keramos 151 / 1996 Abb. 155 Text S. 46.), dessen Merkmale Rückert wie folgt beschreibt (a.a.O.): „verstärkte Oberlidstriche, Form der Strichelung der Augenbrauen, Lippentrennstrich unter Betonung des Mundwinkels.“ Rückert sieht eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Stil des Chefstaffierers Christian Gottlob Häntzschel, die aber nicht zureichend für eine Zuschreibung sei.
Vergleichsstücke (mit Tisch):
- Slg. Pauls-Eisenbeiss, Basel (Menzhausen 1993 S. 98) = Christie’s Genf 12.11.1976 Nr. 218
- Kunstgewerbemuseum Berlin (Bursche 1980 Nr. 306)
- Slg. Untermyer (Hackenbroch 1956 S. 37 T. 31)
- Slg. Ernst Schneider (KFS 50 / 1960 Nr. 164)
- Ole Olsen (Auktion Winkel & Co. Magnussen 19.01.1944 Nr. 302 Farbtafel II), nicht im Kat. von 1927
- Ausstellungskatalog Pietsch Düsseldorf 1997 Nr. 51 Goldbronze montierte Uhr
- Von Pannwitz (Helbing 24. – 25.10.1905 Nr. 349 T. 44 S. 22)
- Slg. Kocher (Ducret: Meissener Porzellan. 1978 S. 14)
- Rene Fribourg Collection (Sotheby’s 25.06.1963 Nr. 22)
- Sotheby’s 25.06.1968 Nr. 204
