Der Dandy oder Petit Maitre aus der Cris des Paris-Serie
13,1 cm hoch / Schwertermarke Unterglasurblau am hinteren Sockel / Pressmarke „36“, nach Huets Vorzeichnung: "No. 36 CH – ein Petit Maitre, welcher reich und galant angekleidet"
Meissen Modell von Peter Reinicke, 1753/54, nach den Entwurfszeichnungen von Christophe Huet, Paris; zeitnahe Ausformung und Staffierung. Die Pressmarke entspricht der Nummerierung auf den bunten, mit Gouachefarben ausgelegten Federzeichnungen Huets.
Christophe Huet war wohl ein Bruder des führenden Pariser Porzellan-Händlers Jean Charles Huet, der in einer langen und intensiven Geschäftsbeziehung zu der Meissner Manufaktur stand und der schon in die Lemaire-/Hoym- Affäre involviert war (Eberle S. 28). Später pflegte er freundschaftliche Beziehungen zu Johann Joachim Kaendler, an den er eine Reihe von Aufträgen vergab: neben der Cris de Paris-Serie die Affenkapelle, für die er ebenfalls Vorzeichnungen seines Bruder Christophe beigefügt hatte. Diese entsprachen dessen Sujets der Singeries, wie sie heute noch in den Schlössern der Pompadour, des Prinzen Condé und des Herzogs Rohan, Paris erhalten sind.
Der Dandy nimmt eine Sonderrolle innerhalb der Serie ein. Zusammen mit seiner Partnerin, der Coquette, bildeten sie mit den Huet-Nummern 36 und 37 den Abschluss der Folge. Lange Zeit wurden sie als Graf und Gräfin Brühl bzw. als Hofdame mit Cavalier bezeichnet. Noch Günter Reinheckel (a.a.O.) ließ sie in seinem grundlegenden Aufsatz über die Pariser Ausrufer unerwähnt (ebenso Ausstellungskat. 1997 Nr. 213). In seinem wichtigen Beitrag zu Antique Dealer Show hat Clarke dann sämtliche Vorlagenzeichnungen veröffentlicht. Ihm folgend hat Martin Eberle in seinem Kat. (S. 13 u. Nr. 21,22) zur Gohliser Ausstellung klargestellt, dass der Dandy und die Coquette Teil des Pariser Auftrags waren und die Beschriftung der Zeichnungen Huets ihre Profession und ihr Auftreten eindeutig offenlegen. Ebenso hat Meissen das Paar mit anderem Outfit in die Cris des Londres-Serie aufgenommen (Eberle Nr. 11,12, dort heißen sie Dandy und Courtesane). Bei beiden Serien haftet ihnen der zweifelhafte Ruf ihres Out-of-Court Habitus an.
Vergleichsstücke:
Der Dandy (mit Coquette) ist relativ selten, als Par noch seltener: Paare aus der frühen Pariser Serie:
- Slg. Gerhardt 1911 Nr. 41,42 T. 20 2.150 Mark, dort als zwei Figuren aus der französischen Komödie bezeichnet, keine Angaben zu Pressmarke, aber wohl aus der frühen Pariser Serie.
- Slg. Darmstädter Nr. 43-44 T. 15, ebenfalls ohne Angabe der Pressnummer
- Ausstellungskat. 2010 Nr. 440 u. 441 Privatsammlung, sie ohne Pressnummer
- Selbst in der großen Schorr-Sammlung (Genfauktion) ist nur ein gemischtes Paar aufgetreten, Nr. 115