A67
verkauft

Große, seltene Imari-Terrine mit Deckel und Unterschale

Meissen, circa 1735

Terrine: Ø 23 cm, 18 cm high, underglaze blue swords mark on the underside of the tureen and a small painted „S“ between the blades (see Barsewisch Nr. 45)

Présentoir: Ø 34 cm, underglaze blue swords mark and „K•“ (siehe Barsewisch Nr. 143) für Johann David Kretzschmar (1697–1765), der Spezialist für die bessere unterglasurblaue Malerei

Provenienz: Alexis Gregory, New York

Das Modell der runden Terrine „ohne Henckel mit dem Hahne“ bzw. mit „Dannen Zapfen“ in „Blau und Roth mit Gold gemahlet“ ist zwischen Mitte 1729 und April 1730 aufgrund der Bestellung des Pariser Händlers Rudolph Lemaire entstanden, wie Julia Weber (Bd. II S. 87) im Einzelnen anhand von Inventur-Eintragungen zu diesem Zeitpunkt belegt hat. Wie von Lemaire gewünscht, geht die Terrine und ihre Bemalung auf ein japanisches Modell aus der königlichen Sammlung im Japanischen Palais zurück. Julia Weber ist anderer Ansicht (ebd.), hat aber offensichtlich die beiden Exemplare in der ersten Johanneums-Auktion übersehen. Dort kamen nämlich am 08.10.1919 unter den Nummern 496 und 497 (T. 39) zwei Terrinen mit ähnlicher Form und Staffierung und der Palastnummer „N-357+“ zum Aufruf (siehe nachfolgende Abb. die Terrinen links und rechts unten).

Höroldt hat von einer solchen Terrine mit der früheren Palastnummer „N-11+“ im Rahmen des Lemaire’schen Auftrags zwei Meissener Modelle für seine damals noch angestellten Maler gefertigt: „2 runde Terrinen mit Deckeln, blau, rot und Goldt Nr. 11“ (Boltz 1980 S. 79). Das japanische Original wurde unter dem Datum des 24.12.1729 vom Japanischen Palais in die Manufaktur geliefert:

  • „No 11) Eine Terrine mit Silber beschlagen“ (Boltz 1980 S. 19).

Anfang April — nachdem die Affäre um den Grafen Hoym und den Kaufmann Lemaire aufgeflogen war — wurden sodann im Hause des Grafen Hoym aus dessen Besitz (Boltz 1980 S. 43):

  • „3 große Terrinen mit Hähnen uff denen Deckeln“ und
  • „9 ditto mit Dannen Zapfen“

und aus dem Lemaire’schen Bestand (a.a.O. S. 46):

  • „10 Terrinen und Eystöpffe, große und kleine“ (nicht näher spezifiziert)

beschlagnahmt.

Von den beschlagnahmten Meissner Terrinen mit Aufglasurschwertern (Weber Bd. II S. 88) befanden sich 1770 gemäß dem Inventar im Abschnitt D unter der Nummer 15 noch (Boltz 1996 S. 72):

  • „Zwey weiße Terrinen mit platten Deckeln, worauf ein Hahn, mit Vögeln und kleinen Blümgen gemahlt 4 1/2 Zoll hoch und in Diam: No. 15“

Aus den neun beschlagnahmten Terrinen mit „Dannen Zapfen“ sind 1770:

  • „Sechs Stück detto, mit einem „blätterichten Knopf, 8 Zoll (= 18,8 cm) hoch, 9 3/4 Zoll (= 22,9cm) in Diam: No. 17.“

sowie

  • „Zwey detto und Zwey dazugehörige Schaalen, No. 18, die Schalen fehlen.“

Unsere Terrine entspricht ihren Maßen nach exakt dem Typus N-18, nur dass bei uns die Schale noch vorhanden ist.

Die Manufaktur hat von Lemaire gelernt und das Modell in ihr Repertoire aufgenommen, wie unsere Terrine mit unterglasurblauer Schwertermarke und Maler-Marke „S“ (und die Unterschale mit „K•“) belegt. Die schon damals gegebene Seltenheit eines kompletten Sets mit Unterschale hat sich bis heute erhalten. Ein komplettes Set von Terrine mit Deckel und Unterschale ist sehr selten. Schon Claus Boltz (in Keramos 178/2002 S. 95 a.E.) hat beklagt, dass die Manufaktur im Fall dieser Terrinen nur halbfertige Produkte – also Terrinen ohne Unterschalen – auf den Markt gebracht hat.

Uns ist nur ein weiteres komplettes Exemplar bekannt, das sich 2018 in unserem Besitz befand:

In der Sammlung Schneider (Weber Bd. II Nr. 68) ist lediglich eine Terrine mit Hahn unseres Formats (ohne Unterschale):

In der Sammlung Arnhold (Nr. 229) ist eine Unterschale (Ø 42,5 cm), ebenfalls mit der K-Marke:

Eine dazu passende Terrine kam am 02.07.1990 bei Christie’s zur Versteigerung (Nr. 71).

Auch bei der von Weber abgebildeten Terrine aus anonymem Privatbesitz (Abb. 15 S. 89) fehlt die Unterschale:

Literatur

Barsewisch, Bernhard von: „Unterglasurblaue Malerei“, In Keramos 121/1988

Boltz, Claus: Die wöchentlichen Berichte über die Tätigkeit der Meissner Dreher und Former vom 6. Juni 1722 bis 31. Dezember 1728, In Keramos 178/2002

Boltz, Claus: „Hoym, Lemaire und Meißen – Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Porzellansammlung.“, In Keramos 88/1980

Boltz, Claus: „Japanisches Palais-Inventar 1770 und Turmzimmer-Inventar, 1769.“, In Keramos 153 / 1996

Cassidy-Geiger, Maureen: The Arnhold Collection of Meissen Porcelain 1710 – 50., London 2008

Miedtank, Lutz: „Zur Einführung und namentlichen Zuordnung von Zahlen als Dreher- und Formerzeichen auf Meissener Porzellan ab September 1739.“, In Keramos 232 / 2016

Weber, Julia: Meißener Porzellane mit Dekoren nach ostasiatischen Vorbildern. Stiftung Ernst Schneider in Schloss Lustheim. 2 Bände, München 2013