B39

Harlekin mit Dudelsack

13 cm hoch / unterglasurblaue Schwertermarke / Meissen Modell von Johann Joachim Kaendler, 1736

Der erste Harlekin Kaendlers und einer der beliebtesten. Er eröffnete damit die großartige Reihe seiner Komödienfiguren. Erste Ausformung (vgl. Gardiner Museum S. 294) mit dreispitzigem Felssockel und den Füßen des Harlekins außen vor – typisch für Kaendlers Frühstil.

Vergleichsstücke:

  • The Patricia and Rodes Hart Collection (S. 30 f.)
  • von Wallwitz, Celebrating Kaendler S. 56
  • Slg. von Pannwitz, Helbing 24. – 25.10.1905 Nr. 385, T. 89
  • Berling 1900 S. 73 Abb. 86

Beispiel für Harlekin mit schwarzer Maske und Vollbart:

  • Slg. Gustav von Klemperer (Nr. 553 T. 51), teilweise mit Spielkarten-Wams

Es ist der erste Harlekin, den Kaendler im Juli 1736 geschaffen hat. Er zählt zu seinen ersten Kleinfiguren. Kaendler eröffnete damit die großartige Reihe seiner Komödienfiguren. Diese Figur war sehr beliebt, und es gibt sie in mehreren Varianten, die zwischen 1736 und 1750 entstanden sind: mit dem spitzen Tiroler Hut, ähnlich dem des Hofnarren Fröhlichs, sowie mit anderen Sockelformen und Fußstellungen. Schon die Gestalt der ersten Version verkörperte je nach der gewählten Staffierung zwei verschiedene Personen, wie Kaendler es in seinem Arbeitsbericht festgehalten hat:

  • Juli 1736: lfd. Nr. 6: „Einen Arlequin mit dem Tutel auf Lager, geändert und zum Abformen tüchtig gemacht.“
  • Juli 1736: lfd. Nr. 4,5: „Einen Tiroler Musikanten, der zu einem Tiroler Mägdlein gehört.“ (Eberlein)

Auch im Arbeitsbericht Juli 1736, lfd. Nr. 4 – nur zwei Nummern vor seinem Harlekin – hat Kaendler zeitgleich an „einem Tiroler Weibgen mit der Leier …“ gearbeitet.
Das ist ein schönes Beispiel für die schnelle und gute Zusammenarbeit zwischen Kaendler und seinem Assistenten Eberlein.

Diese Doppelfunktion ein und derselben Figur (Harlekin oder Tiroler Musikant), die allein von der Staffierung abhängt, ist in Kaendlers Oeuvre einzigartig. Entscheidend ist also die Staffierung, die in unserem Fall eindeutig und prägnant ist. Die schwarze Maske und das halbierte Spielkartenkostüm weisen ihn eindeutig als Harlekin aus. (Vgl. Slg. Klemperer zur Maske)

Das Ursprungsmodell unseres Harlekins geht allerdings auf Eberlein zurück, der im Juni 1736 – also einen Monat vor Kaendlers Rapport über seine Änderungen an seinem Modell – in seinem Arbeitsbericht schreibt: „7. Drey Tyroler Musicanten, einen mit der Leyer, einen mit dem Tutelsack, und einen mit der Schalmey.“ (Menzhausen S. 31; Acevedo Nr. 115, 116).

Eberlein steht also am Anfang der Meissner Kleinfigurenplastik, die völlig neue Maßstäbe gesetzt hat, und eröffnet ebenso den Vorhang zur unerschöpflichen Welt der Commedia dell'Arte, die sicherlich nach den Vorstellungen und Ideen Kaendlers gestaltet wurde.

Literatur

Abraham, Birte: Commedia dell'Arte. The Patricia and Rodes Hart Collection of European porcelain and Faience., Amsterdam 2010

Andres-Acevedo, Sarah-Katharina: Die autonomen figürlichen Plastiken Johann Joachim Kaendlers und seiner Werkstatt zwischen 1731 und 1748., Stuttgart 2023

Berling, Karl: Das Meissner Porzellan und seine Geschichte., Leipzig 1900

Menzhausen, Ingelore: In Porzellan verzaubert. Die Figuren Johann Joachim Kändlers in Meißen aus der Sammlung Pauls-Eisenbeiss., Basel 1993

Schnorr von Carolsfeld, Ludwig: Porzellansammlung Gustav von Klemperer., Privatdruck Dresden 1928

Wallwitz, Angela von: Celebrating Kaendler. Meissen porcelain sculpture., München 2006

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