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reserviert

Ein Paar signierte Miniaturen von Joseph Zaechenberger nach Nilson Stichen

Maße: 86 x 73 mm (ohne Rahmen) / 95 x 83 mm mit Rahmen
Auf Vélin-Pergament
Rahmen: Messing vergoldet und Silber
Signatur: „Zaechenberger. pinx“ / „I. Zaechenberger pinxit.“

Joseph Zächenberger hat auf den Miniaturen zwei Lieblingsthemen von Johannes Esaias Nilson (1721–1788) aufgenommen: Musik und Tanz (Helke S. 149).

Die Stichvorlage für das Musikstück (Nr. 47 oben bei Schuster) trägt den Titel: „La musique du cabinet. Die Musik bei Hoff. J E Nilson inv:, sulp: et excudit: AUG:V.“

Für das tanzende Paar (Schuster Nr. 51 oben; Ducret Nr. 79; Bodinek Bd. II S. 246 Abb. 3) mit der gleichen Signatur: „La dance ordinaire. Das gewöhnliche Tanzen“

Beide Vorlagen entstammen dem Frühwerk Nilsons, sie zählten zu den ersten Kupferstichen, die als Folge II und III in seinem 1752 eigens gegründeten Augsburger Verlag erschienen sind. Wir datieren die Miniaturen dementsprechend mit 1752 (vgl. Helke S. 98).

Zächenberger hat die narrativen Szenen der Bildmitte recht genau übernommen, die rundovalen Bildszenen in ein Gemäldeformat transformiert und das Randdekorum Nislons weggelassen. Die Malerei Zächenbergers ist feiner und ausdruckstärker als die Vorlage, er hat mit feinstem Pinsel in Tüpfelmanier die Figuren, deren Bewegung und Gesichtszüge individuell ausgemalt; die eleganten höfischen Gewänder im Nymphenburger Stil glanzvoll staffiert. In all diesen charakteristischen Einzelheiten übertrifft, er wie gesagt, die Vorlage.

Die Entdeckung der zwei Miniaturen mit den voll ausgezeichneten Signaturen bedeutet eine wichtige Ergänzung und Bereicherung für Zächenbergers Oeuvre. Zächenberger galt bislang fast ausschließlich als exzellenter Blumenmaler ersten Ranges. Ausgangspunkt hierfür war die „J. Zächenberger pictor“ signierte Tabatiere in der Sammlung Bäuml (Nr. 721), die Ziffer auf 1760/65 datiert. Daneben gibt es eine Unterschale im Gardiner Museum (G. 83.1.704) mit einer exotischen chinoisen Szenerie in Purpur Camaieu, die die Initialen „IZ“ (J Zächenberger) und zusätzlich „CP“ (= Cajetan Purtscher) trägt (Sotheby’s 24.2.1981 Nr. 111). Ziffer (Ziffer Slg. Bäuml S. 198) hat hierzu entsprechend der bisherigen Forschungslage bemerkt: „doch bleibt der Anteil eines Blumenmalers an diesem Stück unklar.“

Alfred Ziffer räumt den „galanten Szenen nach Nilson“ ein eigenes Kapitel ein (S. 203 f.), er schreibt: „die Bemalung nach diesen Blättern erfordert höchste Qualität der Porzellanmalerei. Die in Nymphenburg besonders von Cajetan Purtscher beherrscht wurde. Dieser wurde im Februar 1758 in Neudeck eingestellt und dem Maler George Christoph Lindemann zur Seite gegeben, dessen Stelle er 1760 übernahm. Seine Spezialität waren Genre-Szenen, Hirtenstücke und Landschaften.“

In Zukunft wird man bei diesen Genre-Szenen insbesondere auch an den Obermaler Joseph Zächenberger denken müssen, wenn das Porzellan der Zeit 1760 bis 1770 zuzuordnen ist. Maßgebend für den Purtscher-Stil sind die folgenden monogrammierten Porzellane:

  • Slg. Bäuml, Kat. Nrn. 581, 582, Tassen
  • Sotheby’s 24.2.1981 Nr. 111
  • Bayerisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. 94/6AB, Kaffeetasse nach Amigoni
  • Bäuml in Keramos 34/1966 Abb. 9 = Hofmann Bd. III Abb. 463
  • Bonhams 23.5.2012 Nr. 149, Schreibzeug.

Und für Zächenberger jetzt unsere zwei Miniaturen.

DATIERUNG
Über Zächenbergers Leben und Berufsweg ist wenig bekannt, von daher ist die Datierung der beiden Täfelchen schwierig. Wir glauben nicht, dass sie während seiner Tätigkeit in Nymphenburg (22. Woche = Ende Mai 1760 bis 1770) geschaffen hat. Er hätte in diesem Fall sicherlich nicht das teure Vélin­Pergament, sondern Porzellan als Malgrund gewählt. Das gleiche gilt für die Zeit danach.

Die Kunst des Malens hat er bei seinem Vater Anton Zächenberger und Joseph Ruffini, München (Ziffer a.a.O. S. 133) erlernt. Einzelheiten sind nicht bekannt. Wir wissen aber, dass er in Nymphenburg als 28jähriger nicht nur von Anfang als ausgebildeter Maler tätig war, sondern ihm sogleich die ebenso ehren- wie verantwortungsvolle Aufgabe übertragen wurde, für das vom Churfürsten Maxx III Joseph bestellte Hofservice den Blumenschmuck zu entwerfen und zu realisieren. Er hat diese Aufgabe brillant gelöst, sie begründet bis heute auf dem Gebiet der Geschirrmalerei den Ruhm der Nymphenburger Manufaktur. Er kam also als voll ausgebildeter Maler mit außergewöhnlichen Fertigkeiten nach Nymphenburg. Um diese unter Beweis zu stellen, hat er, so glauben wir, unsere beiden Miniaturen als Probestücke seines Könnens vorgelegt. Das kostbare und rare Vélin war als Ersatz für das ihm nicht verfügbare Porzellan besonders geeignet, das schon seit dem Mittelalter als Malgrund für feinste Malereien diente. Das hat die Manufakturleitung überzeugt. Zächenberger wurde mit dem großen Auftrag das geplante Hofservice ins Werk zu setzen eingestellt. Wir datieren unsere Miniaturen daher auf 1760.

Literatur

Bodinek, Claudia: Raffinesse im Akkord – Meissener Porzellanmalerei und ihre grafischen Vorlagen., 2 Bände. Petersberg 2018

Ducret, Siegfried: Keramik und Graphik des 18. Jahrhunderts: Vorlagen für Maler und Modelleure., Braunschweig 1973

Schuster, Marianne: Johann Esaias Nilson. Ein Kupferstecher des Süddeutschen Rokoko., München 1936

Ziffer, Alfred: Nymphenburger Porzellan. Sammlung Bäuml., Stuttgart 1997