F6

Frankenthaler Solitaire mit Szenen der Commedia dell’arte nach Watteau und de Troy, bemalt von Joseph Arnold, Johann Conrad Christfeld u.a.

Bemalt von Joseph Arnold — einer der geschicktesten Figurenmaler in Frankenthal (Ausstellungskatalog 2005 S. 61) — und Johann C. Christfeld. Frankenthal 1767/68

Provenienz: Slg. Pauls-Eisenbeiss (London 1972 II S. 212–215); 224. Neumeister 17.10.1984; Slg. Huber (Kalenderblatt Juni 1999); Publiziert in Weltkunst Nr. 23/1984 S. 3686

Das von der Manufakturleitung in der zweiten Hälfte der 1760er Jahre vorgeschriebene Markierungssystem erlaubt für unser Solitaire — seine Entstehungszeit und seine Maler — eine klare Zu- und Einordnung. Neben der „CT“ Marke mit Kurhut in Unterglasurblau erscheinen:
– „AB“ in Ligatur und „B“ in Unterglasurblau. Die Initialen des Direktors Adam Bergdoll für die Zeit um 1765 bis 1768
– Ziffer „7“ in Unterglasurblau. Nach heute gefestigter Meinung steht sie für das Jahr 1767, in dem das Solitaire gebrannt und von dem Weißdreher geformt worden ist; die auf dem Teekännchen und Tasse vorkommende „6“ in Unterglasurblau entsprechend für 1766.
– Die in Gold aufgetragene „8“ — zumeist über der unterglasurblauen „7“ — hat der Maler aufgetragen. Sie bedeutet, dass die Teile des Solitaires 1768, ein Jahr nach dem Brand, aus dem Porzellanlager entnommen und bemalt worden sind.
– Die Malermarke „Ja“ in Gold auf dem dem Tablett, dem Hauptteil des Solitaires, stammt von (Franz) Joseph Arnold. Arnold war einer der erfahrensten und vielseitigsten Maler Frankenthals. Schon elfjährig, 1755 in die Manufaktur als Lehrling eingetreten, blieb er ihr bis zu ihrem Ende 1800 treu. Er war einer von nur drei Malern, die ausersehen waren, von Nymphenburg übernommen zu werden. Nach dem Ausscheiden von Magnus ,Winterstein und Osterspey stand er an der Spitze des Malercorps. In dem Gutachten des Sekretärs Maier vom 4. Juli 1799 über das Zusammengehen der Frankenthaler und Nymphenburger Manufaktur heißt es: „Joseph Arnold ledigen Stands haben zwar das Alter von 50 Jahren überschritten, aber noch munter und als der geschickteste Maler in Figuren, Gethiers und feinen Prospekten, werde der Nymphenburger Fabricke noch lang Ehr machen.“ (Beaucamp II S. 236). Mit diesem Vorschlag war eine Sondervergütung von 30 Talern verbunden.
Arnold hat schon in jungen Jahren an dem Hofservice mit dem Wittelsbacher Dekor mitgearbeitet (Hofmann 1911 Nr. 736 T. 187). Bei diesem Service — die Frankenthaler Anlehnung an das Sevres Service, das Ludwig XV. dem Kurfürsten Carl Theodor schenkte — bemalte Arnold „fast alle Hauptzonen der Geschirrteile“ (Jarosch 2005 S. 61 f.)
– Die Malermarke „C“ in Gold auf dem Teekännchen und der Untertasse mit ebenfalls sehr qualitätvoller Malerei.
Beaucamp (III Nr. 27 S. 80) hat sie Johann Conrad Christfeld zugeschrieben, anhand eines mit 1762–65 von ihr datierten Tellers mit Blumenmalerei. Sie schreibt: „,Johannes Conradus Christfeld, Mannheimensis Pictor‘ der in Mannheim geborene Johann Conrad Christfeld (1754–1829) müsste diesen Teller schon in sehr jungen Jahren gemalt haben — was aber bei dem frühen Eintritt der Porzellanarbeiter als Lehrling in die Manufaktur denkbar ist. Der offenbar nicht nur künstlerisch sehr geschickte Blumenmaler wurde nach Auflösung der Manufaktur durch Vermittlung von J. P. Melchior (1798) nach Nymphenburg berufen.“ Dort machte er Karriere, schon bald gilt er als „sehr geschickt und unentbehrlich.“ Er wird Arkanist (die größte Auszeichnung, die einem Porceliner widerfahren kann), Hersteller eines guten Goldes, Farbenlaborant, Aufseher der Massemischung und der Schmelzerei (Jarosch AK 2005 S. 61).
– Malermarke „fie“ in Gold auf der Milchkanne und der Tasse.
Die Marke ist noch nicht aufgelöst. Sie findet sich auch auf dem Solitaire mit großen exotischen Vögeln in Purpur Camaieu in der Slg. Heinrich Peter, Heidelberg (Metz 09.10.1999 Nr. 378; dort als „sie“ gelesen).

Die Malersignaturen zeigen die Arbeitsteilung des Malercorps, das in diesem Fall von Joseph Arnold koordiniert wurde (Jarosch 2005 S. 57 u. 196).

Das Solitaire besteht aus den folgenden Teilen:
Tablett: 29,5 x 25 cm; „CT“ mit Krone und „7“ in Unterglasurblau, mit „8“ in Gold übermalt, darunter Malermarke „Ja“ in Gold (= Joseph Arnold); Ritzmarke: „H2“; Sammlungsetikett „R“
Bemalung: nach dem Gemälde „Retour du bal“ von Jean-Francois de Troy (1679–1752), nachgestochen von Jacques Firmin Beauvarlet (1731–1797). Arnold hat die Szene, die sich in einem elegant möblierten Salon des 18. Jahrhunderts abspielt, auf dem Porzellantablett ins Freie verlegt. Von den Acces­soires ist nurmehr der Barock-Tisch übriggeblieben.
Teekännchen: 9,0 cm hoch, 11,7 cm (mit Deckel); „CT“, ligiertes „AB“ und verwaschene „6“ in Unterglasurblau, mit „8“ in Gold übermalt; Malermarke „c.“ (= Conrad Christfeld) in Gold; Ritzmarke: „2“ darunter „0“; Sammlungsetikett Dr. Dr. Erika Pauls-Eisenbeiss
Bemalung Schauseite: nach Watteau „L’Aventuriere“ (Musée des beaux-arts, Troyes), seitenverkehrter Stich von Benoît Audran, der 1727 im Mercure de France angezeigt wurde (Dacier/Vuaflart IV Nr. 12)
Bemalung Rückseite: nach Watteau „L’Amour au théâtre italien“, gestochen von Charles N. Cochin, im Mai 1734 im Mercure de France annonciert (Dacier/Vuaflart IV Nr. 271)

Zuckerdose: 6,0 cm hoch, 9,7 cm (mit Deckel); „CT“ mit Krone
und „7“ in Unterglasurblau; Malermarke „fie“ in Gold; Ritzmarke „H 2“; Sammlungsetikett
Bemalung: Die Damengruppe ist frei interpretiert nach Watteaus Gemälde „Le Concert“ (Schloss Charlottenburg)

Milchkännchen: 7,6 cm hoch; „CT“ und undeutlich „7“ in Unterglasurblau, mit „8“ in Gold übermalt; Malermarke „fie“ in Gold; Ritzmarke „H 2“
Bemalung: nach Watteaus „L’Enchanteur“ (ebenfalls im Musée des beaux-arts, Troyes, Gegenstück zu „L’Aventuriere“), gestochen von Benoît Audran. Der fehlende Mandolinenspieler befindet sich auf der Untertasse.

Tasse: 5,9 cm hoch; „CT“ mit Krone, darunter ligiertes „AB“ und „6“ in Unterglasurblau, mit „8“ in Gold übermalt; Malermarke „fie“ in Gold im Standring; Ritzmarke: „C“ darunter „o“

Untertasse: Ø 11,5 cm; „CT“ mit Krone, darunter „B“ in Unterglasurblau; „8“ und Malermarke „c“ in Gold; Ritzmarke: „H 2“, Sammlungsetikett Dr. Dr. Erika Pauls-Eisenbeiss
Bemalung: nach Watteaus „L’Enchanteur“; Mandolinenspieler, der für die Damen auf dem Milchkännchen musiziert.

Literatur

Beaucamp-Markowsky, Barbara: Frankenthaler Porzellan . Band 2: Die Archivalien., München 2010

Hofmann, Friedrich H.: Frankenthaler Porzellan., München 1911

Jarosch, Walter: „Die Vasen der Manufaktur Frankenthal.“, In Die Kunst Porcelain zu machen. Frankenthal 2005

Pauls-Eisenbeiss, Erika: German Porcelain of the 18th Century, The Pauls-Eisenbeiss Collection. 2 Bände, London 1972

Preis und Expertise anfordern

Bitte senden Sie mir den Preis und die Expertise zu diesem Objekt per E-Mail.