H11

Ein Paar oval gepasste Höchst Deckeldosen (Senftöpfgen) mit farbigen Bataille- und Chinoiserieszenen

Bemalt von Andreas Philipp Oettner, unbekanntes Modell, Höchst 1763–66, 11 cm lang, 8,9 cm hoch, ohne Marke, auf einem Deckel militärische Trophäen und Insignien in plastischer Form

Bislang unbekanntes Formteil der Höchster Manufaktur, das wohl Bestandteil eines Tafelaufsatzes/Cabarets gewesen ist. Das legt auch die unbemalt gebliebene Rückseite nahe. Die Löffelöffnung der Gefäße spricht dafür, dass es sich hierbei um Senftöpfchen handelt. Die Malerei stammt von Andreas Phillip Oettner, der in Höchst von 1763–66 nachweisbar ist (Reber in Keramos 63/1974 S. 13; Ducret I 1965 S. 283; siehe aber auch Flach 2005 S. 140, der für das Jahr 64/65 einschränkt).

Oettner selbst berühmte sich in seinem von Höchst aus geschriebenen Bewerbungsschreiben an die Fürstenberger Manufaktur (1765) seiner Meisterschaft in „Watto figuren, Landschafften, Patallien“. Für letztere gibt es eine Reihe von Beispielen in Frankenthal (Reber a.a.O. Abb. 46; Ducret II 1965 S. 204 Abb. 234, dort fälschlich Eisenträger zugeschrieben, dazu Reber a.a.O; Flach 2005 Abb. 274, 275). Von Oettner bemalte Schlachtenszenen aus Höchst sind allerdings außerordentich selten: vgl. den Unterteller in der Sammlung Sandner (Metz 18.10.2003 S. 72), der im eigentlichen Sinne allerdings kein Schlachtengetümmel zeigt; eine Höchster Teedose (Metz 23.10.2004 Nr. 904) und eine Teekanne (Slg. Gerhard Kramer-Nitschmann, Mainz, Metz 3.12.2016 Nr. 378 = Lempertz 13.11.2015 Nr. 1027), beide ohne Marke, vielleicht aus dem selben Service. Abgesehen davon ist uns nur das Kaffee- und Teeservice bekannt, zu dem unser Milchkännchen gehört (siehe folgende Katalog Nr. 99).

Horst Reber musste noch in seinem grundlegenden Keramos-Artikel von 1974 „Der Porzellanmaler Andreas Philip Oettner“ (S. 31 ) konstatieren: „Wenn es in Höchst nun auch keine Schlachtenbilder gibt, so gibt es doch ein nahestehendes Beispiel mit einer soldatischen Lagerszene auf einer Teedose in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim.“

Flach kommentiert (a.a.O. S. 180) die Ludwigsburger Schlachtenszenen von Oettner wir folgt: „Im generellen Vergleich zu allen Malsujets sind die Bataillenszenen nicht häufig zu finden. Das gilt sowohl für Ludwigsburg als auch für andere Europäische Manufakturen. Dies ist verständlich, weil schon Personendarstellungen zu den aufwendigsten und gut bezahlten Malereien gehörten, erst recht aber galt dies für Bataillen, bei denen nicht promenierende oder flirtende Personen und Gruppen, sondern mit vollem Leben und bewegten Aktivitäten ausgefüllte Personen- und Tierszenen darzustellen sind. Verständlich, dass solche Malereien damals schon entsprechend teuer waren, so dass sie nur für einen kleinen ausgewählten Käuferkreis infrage kamen. Die Hauptkundschaft dieser hochwertigen Arbeiten gehörten dem Adel an, der obendrein allein das Offizierskorps stellte.“

Die drei Kartuschen des zweiten Senftöpchens sind eine Mischung aus Kauffahrtei, Turquerien und Chinoiserien, die wie Theaterszenen wirken. Das war die Welt, die Oettner Zeit seines Lebens nahe­stand. Er hat z.B. Nymphenburg 1757 verlassen, um sich einer Komödiantentruppe anzuschließen. Das Gesicht des chinesischen Jungen und der Kopf der Figur mit Turban auf der linken Kartusche finden sich auf der Kaffeekanne und einer Unterschale eines Oettnerservices wieder (ehemals in der Slg. Blohm, Nr. 172 T. 50, heute zum großen Teil in der Stout Collection, Memphis, Katalog S. 296 f. Nr. 288).

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