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Dieser Typ von Krug geht auf ein japanisches Modell aus der Sammlung August des Starken zurück (Weber II S. 198). Julia Weber (Abb. 34 S. 199) und Masako Shono (Abb. 88) bilden den Arita Krug aus der Sammlung Hans Syz ab, der sich heute im Metropolitan Museum of Arts, New York befindet. Das Modell kam in Meissen in zwei Varianten vor: 1. mit kleiner Schnauze als Ausguss; 2. ohne Ausguss. Die erste (unsere) Variante ist äußerst selten. Es sind uns nur zwei weitere Ausformungen bekannt:

  1. Christie’s Genf 17.11.1978 Nr. 82 = Christie’s Genf 05.07.1979 Nr. 124 (vermerkt bei Boltz 1980 S. 69). Dieser Krug trägt die Palastmarke „N-81-W“. Im Inventar der königlichen Sammlung Augusts des Starken von 1770 findet man darunter den folgenden Eintrag (Boltz 1996 S. 74 Abschnitt d Nr. 81): „Ein detto (= Krug mit Henkeln, mit blau und rothen Blumen), oben etwas spitzig 6. Zoll hoch [= 14,1 cm] 4. Zoll in Diam“
  2. Gardiner Museum Toronto (Object Nr. G04.18.05) mit Deckel in silbervergoldeter Montierung Ritzmarke „//“ = Sotheby’s 18.10.1988 Nr. 379

Siehe auch Hoffmeister I Nr. 157, Teller mit dem gleichen Dekor

Wie die gründlich entfernte Meissen Marke auf der Unterseite zeigt, war unser Krug Teil der Hoym- / Lemaire-Affäre. Das kann man in der Tat auch anhand der von Claus Boltz (a.a.O.) veröffentlichten Manufakturakten entnehmen:

  • Johann Gregorius Höroldt hat nach dem japanischen Originalkrug mit der Palast-Marke „N-77-  “ die Meissen Krüge im Auftrag des Pariser Kaufmanns Rudolphe Lemaire geschaffen. In den Aufzeichnungen der „Ostasiatischen Originalmodelle und Arbeitskopien aus Höroldts Werkstatt“ findet sich unter der Rubrik „Alt Indianisch Porcelain“ (= Porzellan aus China und Japan) folgender Eintrag: „1 Waßer Krug mit Deckel No. 77“.
  • In der Preisliste des ersten Vertrags mit Lemaire vom 30.03.1729 ist von den „großen und kleinen Wasserkrügen“ zu je 2 Thlr die Rede.
  • Schließlich sind im April 1731 — nachdem die Affäre aufgeflogen war — im Haus des Grafen Hoym „5 Wasser Krüge mit Deckel“ beschlagnahmt (Boltz 1980 S. 45) und in die Königlichen Sammlungen überführt worden.

Datierung
Da unser Krug Bestandteil der Hoym-/ Lemaire Affäre war, lässt er sich ziemlich exakt auf das Jahr 1730 datieren. Die entfernte Schwertermarke ist ein Indiz dafür, dass er von Lemaire auf dem Pariser Luxuswarenmarkt veräußert wurde, bevor August der Starke von den Machenschaften des Pariser Kaufmanns erfuhr. Dieser ließ nämlich in Kollaboration mit dem damaligen Manufakturleiter Graf Hoym (hinter dem Rücken des Königs) ostasiatische Porzellane in Meissen kopieren, um sie in Paris als „Originale“ zu Höchstpreisen zu verkaufen — daher das Entfernen der Schwertermarke, um die sächsische Herkunft zu verheimlichen.

Literatur

Boltz, Claus: „Hoym, Lemaire und Meißen – Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Porzellansammlung.“, In Keramos 88/1980

Boltz, Claus: „Japanisches Palais-Inventar 1770 und Turmzimmer-Inventar, 1769.“, In Keramos 153 / 1996

Shono, Masako: Japanisches Aritaporzellan im sog. "Kakiemonstil" als Vorbild für die Meissener Porzellanmanufaktur, München 1973

Weber, Julia: Meißener Porzellane mit Dekoren nach ostasiatischen Vorbildern. Stiftung Ernst Schneider in Schloss Lustheim. 2 Bände, München 2013

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