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Frühes Chinoiserie Koppchen mit Unterschale

Wohl von Johann Georg Heintze signiert
Meisen um 1722

Unterschale: Ø 12,6 cm; Höhe 2,6 cm
Bemalung: Großer stehender Chinese mit einem noch nicht aufgeklappten großen Schirm, der sich nach zwei ihm folgenden Fabeltieren umschaut.

Koppchen: Höhe 4,6 cm; Ø 7,5 cm
Bemalung: Chinesin greift in eine fast mannshohe Porzellanvase, die von einem Hund gehalten wird. Im Boden ein charakteristisches Chinesenhaus am See mit einem Ruderboot.

Böttgerporzellan transluzid mit Reiskorneinschlüssen, leicht grünstichig. Farben der Frühzeit noch nicht so brillant wie die spätere Höroldt Palette.

Provenienz: Slg. Robert G. Vater

Die Malerei steht noch ganz am Anfang der großen Höroldt Chinoiserie-Ära. Die Farben noch eher matt und blass, der Böttgerlüster fehlt noch. Das Grün des Rasensockels ist ausgesprochen wolkig. Die dichten, blaubraunen Wolken und die goldene Sonne mit ihren langen strahlen, die später für die sog. Frühzeit charakteristisch waren, fehlen. Der einfache Goldrand der Dresdener Werkstatt des Johann George Funcke ohne deren späteren Goldbordüren stehen ebenfalls für die frühen Jahre der Höroldt Zeit. Die Malerei zeigt teilweise, wenn auch witzige Arbeitsszenen, die später undenkbar wären.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Malerei unserer Tasse mit Unterschale steht am Ende (etwa 1722) der Experimentierphase Höroldts, in der er sehr viele Dekore und Stilvarianten (oft ohne Chinesen, zumeist nach grafischen Vorlagen) ausprobiert hat. Diese hoch interessante Phase ist, von Einzelfällen abgesehen, systematisch noch nicht erfasst worden – bis Höroldt ganz und so gut wie ausschließlich auf die Chinoiserien setzt, die er etwa 1723 im Schulz Codex zusammenfassen lässt, um eine rationellere Arbeitsweise zu ermöglichen, um der stark steigenden Nachfrage gerecht zu werden.

Nach allem datieren wie unser Koppchen mit Unterschale auf etwa 1722. Dazu passt, dass die einer Hausmarke ähnelnde Signatur von Rückert (vgl. Nr. 199 T. 55 u. Bursche Nr. 97, zwei Schüsseln mit Deckel) als „ICH“ gelesen und Johann George Heintze zugeschreiben wird. D.h. wir haben es hier mit der frühesten Signatur des ersten Lehrjungen Höroldts zu tun. Die Farben und die noch wenig ausgereifte Malerei stützen diese Annahme. Die Malerei stammt nach allem unserer Auffassung nach aus dem dritten Lehrjahr Heintzes, der kurz nach Höroldts Ankunft (Juni 1720, siehe Rückert 1990 S. 55) verpflichtet wurde, der später sein bester Mann wurde („Höroldts erster Junge“, siehe Walcha in KFS 48 / 1959 S. 32-35).

Literatur

Bursche, Stefan: Meissen – Steinzeug und Porzellan des 18. Jahrhunderts., Kunstgewerbemuseum Berlin 1980

Rückert, Rainer: Biographische Daten der Meißener Manufakturisten des 18. Jahrhunderts., München 1990

Rückert, Rainer: Meissener Porzellan 1710 – 1810., Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum München. München 1966

Walcha, Otto: „Höroldts erster Lehrjunge Johann George Heintze.“, In KFS 48 / 1959

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