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Der Krug wurde im Auftrag Lemaires in zwei verschiedenen Größen gefertigt. Das größere Modell hat eine Höhe von 8 Zoll (= rd. 18,8 cm vs. 6,5 Zoll = 15,3 cm). Er ist ebenfalls selten — aber immerhin sind bis heute 10 Krüge dieser Größe bekannt geworden (s.u.). Beide Modelle sind im Inventar von 1770 hintereinander wie folgt aufgeführt (Boltz Keramos 153/1996, S. 74):

„Fünf Krüge mit Henckeln, mit blau und rothen Blumen, 8. Zoll hoch (18,8 cm), 5. Zoll in Diam: No. 79. / Fünf Stück detto kleinere, 6 1/2. Zoll hoch (15,3 cm), No. 80. An zwei. St. fehlen die Deckel, 2. St. fehlen.“

Rudolphe Lemaire
Der Krug ist — wie die fehlende unterglasurblaue Schwertermarke bzw. die beseitigte emailblaue Schwertermarke auf der Glasur zeigen – Teil des Lemaire-Komplexes. Die Wasserkrüge gehörten von Anfang an zum Verkaufsprogramm Lemaires für den Pariser Markt. Bereits in der vorvertraglichen Modell- und Bestellliste Lemaires vom 22.12.1728, die von Julia Weber (Weber I S. 106 FN. 130) veröffentlicht wurde, werden die Krüge schon an dritter Position benannt:

„Spezificatio/ Was nach beykommenden Modellen von Monsieur le Maire in der Manufactur zu verfertigen verlanget wird, (...) No. 3: 1 dzt. Wasserkrüge.“

In der Preisspezifikation, die dem Kontrakt vom 30.9.1729 zwischen August dem Starken und Lemaire beigefügt war, sind die Krüge wie folgt aufgeführt (Boltz in Keramos 88/1980, S. 11 recte 9): „1st großer glatter Waßer Krug - 2Tr“ / „1st kleiner detto - 2Tr.“

Lemaire ließ die Krüge in Dresden in vergoldetem Silber montieren. Der Verkaufspreis erhöhte sich alsdann auf 20 Ecu (= rd. 20 Taler). Das war der Preis den der Chevalier de Saxe — der illegitime Sohn August des Starken — Lemaire für sein Exemplar hat zahlen müssen (Boltz a.a.O. S. 64; Weber II S.211). Nur selten ist bei den frühen Stücken ein Pariser Stempel zu finden (Gardiner Museum Toronto, Sotheby’s 18.10. 1988 Nr. 379; Weber II S.199 Fn. 7).

Vorbild Arita
Das Vorbild der Krüge geht auf ein japanisches Originalmodell aus Arita von Anfang des 18. Jh. zurück. Ein entsprechender Krug befand sich in der Sammlung Syz (Shono Abb. 88) und ist heute im Metropolitan Museum of Art, New York (Weber II, S. 199, Abb. 34. ). Er stammt sicherlich auch aus der Sammlung August des Starken wie alle anderen Modelle, die Lemaire hat kopieren lassen. In den entsprechenden Abgabelisten des Japanischen Palais ist er zwar nicht enthalten, dafür aber in der Modellliste von Höroldt mit der Inventarnummer „N=77–□“ (= „altindianisch“) wie folgt aufgeführt:

„1 Waßer krug mit dem Deckel No 77“. Höroldt hat danach Arbeitskopien gefertigt, die den Prozellanmalern seiner Werkstatt als Vorlage für die Ausführung der Lemaireʼschen Aufträge gedient haben.

Vergleichsstücke:

  • Der „kleine“ Wasserkrug ist außerordentlich selten. Uns ist nur ein weiteres Exemplar bekannt: Slg. Syz, ohne Schwertermarke mit eingeschnittener Johanneumsnummer „N-80-W“ und späterem Zinndeckel (Shono Abb. 88 mit japanischem Vorbild, wohl beide heute im MMA New York; vgl. Julia Weber a.a.O.) = Sotheby’s 04.07.1967 Nr. 238 erwoben von APC (Antique Porcelain Company)

Von dem großen, birnförmigen Modell haben sich insgesamt nur 10 Krüge in 8 Sammlungen erhalten:

2 mit Johanneumsnummer „79“

  • Porzellansammlung im Zwinger, Dresden (Keramos 185/97, S. 40 ohne Montierung)
  • Slg. Louis Jay (Helbing, 31.05.1934 Nr. 418 T. 20)

4 Stück mit emailblauer Schwertermarke auf der Glasur

  • Slg. König Umberto Nr. 58

  • Gardiner Museum, Toronto (Christies Genf, 12.11.1976 Nr. 14 T. 4) = Sotheby’s 18.10.1988, Nr. 379

  • Christie’s 04.07.1983, Nr. 160

  • Privatsammlung (Pietsch 1997 Nr. 82)

  • 4 Stück ohne Schwertermarke

  • Slg. Pauls-Eisenbeiss: 3 Stück (London 1972 S. 408)

  • Slg. Simon Goldblatt (Sotheby’s 2.5.1956 Nr. 292)

Literatur

Boltz, Claus: „Hoym, Lemaire und Meißen – Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Porzellansammlung.“, In Keramos 88/1980

Boltz, Claus: „Japanisches Palais-Inventar 1770 und Turmzimmer-Inventar, 1769.“, In Keramos 153 / 1996

Shono, Masako: Japanisches Aritaporzellan im sog. "Kakiemonstil" als Vorbild für die Meissener Porzellanmanufaktur, München 1973

Weber, Julia: Meißener Porzellane mit Dekoren nach ostasiatischen Vorbildern. Stiftung Ernst Schneider in Schloss Lustheim. 2 Bände, München 2013

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