A26

Ungewöhnlich hoher und große Becher mit einem Fassungsvermögen von fast einem halben Liter (550 ccm). Der Becher gehört zu dem Graf Hoym-/Lemaire-Komplex, wie die Aufglasurschwerter belegen. Mit der feinen Kakiemonmalerei sind sie eine exakte Kopie nach japanischem Vorbild aus der Sammlung August des Starken. Dieser Becher mit der Palastnummer „N-60-▭“ ist im Inventar des japanischen Palais im Abschnitt 2 „Krack-Porcelaine“, "Cap. V. An Thee-Zeuge" unter selbiger Nummer erfasst:

„N. 60 6 St. Chocolade Becher, mit bunten Blumen, davon jeder 4 1/2 Z. (= 10,6 cm) tieff und 4 ¼ Z (= 10 cm) in Diam“.

Das entspricht genau den Proportionen der Meissner Nachbildungen. Im Auftrag des Grafen Hoym wurde davon ein Becher am 24. Dezember 1729 von dort entnommen und nach Meissen gesandt, wo in Höroldts Werkstatt nach seinem Vorbild „drei Milch-Becher No. 60“ als Malerei-Modelle angefertigt wurden (Weber I S. 92 u., Fn 3).

Die Namensänderung kommt daher, dass Lemaire „Becher zu Milch, große ohne Deckel“ bestellt hatte, die in der Preisspezifikation zum zweiten Kontrakt vom 7. März 1731 als solche bezeichnet und mit 1 Taler und 8 Groschen bepreist waren (Boltz in Keramos 88/1980 S. 30 a.E.).

Unser Becher ist exakt nach dem Malerei-Modell Höroldts entstanden (Jörg 2003 Nr. 260) und ist alsdann recht zügig auf dem Pariser Luxuswarenmarkt von Lemaire abgesetzt worden – d.h. noch vor Beendigung der Lemaire-Geschäfte durch August den Starken Anfang April 1731, die mit einer Konfiszierung der noch nicht verkauften Porzellane und deren Überführung und Einverleibung in die Königlichen Sammlungen verbunden war. Unsere Becher tragen daher nur die emailblauen Aufglasurschwerter und nicht die Palastmarke.

Die 32 beschlagnahmten Becher sind mit der Palastmarke „N=323-W“ versehen worden (Absch. B, Boltz in Keramos 153/1996 S. 56). Der alte Inventar Eintrag lautet (Boltz ebd.): „Zwey und Dreißig Chokolate Becher, mit Korn und bunten Blumen gemahlt, 4 ½ Zoll und in diam: No. 323“

Von diesen 32 Bechern befindet sich heute keiner mehr in der Porzellansammlung im Zwinger.

Vergleichsstücke (alle mit Aufglasurschwertern)

  • Slg. Schneider Bayerisches Nationalmuseum, Schloss Lustheim (Weber II Nr. 162 u. S. 114, Titelbild zur Einführung in das Kapitel: Dekore in Aufglasurfarben nach japanischem Vorbild), mit ausgekratzter Johanneumsnummer = Simon Goldblatt Esq. (Sotheby’s 2.5.1956 Nr. 228)
  • Slg. Lübke (II Nr. 157) mit später zugefügter Goldbordüre innen und außen und der ausgeschliffenen Johanneumsnummer „N-323-W“
  • Musée des Arts Décoratifs à Paris (Inv.-Nr. GR330) = Ausstellungskatalog 2001 Musée des Beaux-Arts Dijon, mit gleicher Goldbordüre wie bei Lübke= ex. Legat Louise Grand Jean 1910
  • Arnhold Coll. Nr. 82 (Sotheby’s New York 5.10.-24.10.2019 Nr. 336, EUR 8.300,--, mit Abb. des Jap Original) = Kat. 2008 Nr. 82 = Christie’s 14.6.1994 Nr. 209
  • Sotheby’s 27.6.1961 Nr. 163 = Brooks Bank Collection Christie’s 23.6.-7.7.2016 Nr. 97
    1. Lempertz 19.11.2004 Nr. 60
  • Ein Becher von gleicher Höhe und mit gleicher Johanneums-Nummer, in der Form jedoch breiter und atypischer Kakiemon Bemalung in der Sammlung C.H. Fischer Nr. 556 = Dr. F. C. Witte, Rostock 1912 (1652. Lepke 25.10.1912 Nr. 76), ebenfalls mit Goldrand

Literatur

Boltz, Claus: „Hoym, Lemaire und Meißen – Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Porzellansammlung.“, In Keramos 88/1980

Boltz, Claus: „Japanisches Palais-Inventar 1770 und Turmzimmer-Inventar, 1769.“, In Keramos 153 / 1996

Jörg, Christian J.A.: Fine & Curious. Japanese Export Porcelain in Dutch Collections., Amsterdam 2003

Lübke, Diethard: Porzellansammlung von Diethard und Regina Lübke. Band 1 Personendarstellungen., Eigenvertrieb 2015

Roudot, Bertrand: Un cabinet de porcelaines: porcelaines de Saxe dans les collections publiques parisiennes., Dijon 2001

Preis und Expertise anfordern

Bitte senden Sie mir den Preis und die Expertise zu diesem Objekt per E-Mail.